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16.03.2020

Renditeliegenschaften werden «Sorgenkinder»

Im Tiefstzinsumfeld sind vor allem Renditeliegenschaften zu Sorgenkindern geworden: Die Nationalbank warnt, und Thurgauer Experten bezweifeln die Wirkung der Tragbarkeitsvorschriften.

Ein Zinsanstieg ist zwar in absehbarer Zukunft nicht zu erwarten. Trotzdem könnte eine Änderung eine Gefahr darstellen für die Immobilien- und Finanzmärkte, sagt Werner Fleischmann, Inhaber von Fleischmann Immobilien. Denn: «Eine Zinserhöhung könnte dann plötzlich unverhofft rasch erfolgen.»

Nationalbank und Fleischmann warnen
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) mahnt, Hypotheken für Renditeliegenschaften allzu grosszügig zu vergeben. Fleischmann bestätigt die Berechnungen der SNB, dass bei einem beachtlichen Teil der Mehrfamilienhäuser die Mieteinnahmen bei höheren Zinsen gar geringer wären als die Kosten. Er warnt im Übrigen: «Trotz verhältnismässig hohen Wohnungsleerständen wird im Thurgau munter gebaut, weil gerade institutionelle Anleger, vermehrt aber auch wohlhabende Private oder Firmen, ihr Renditeglück im ‹Betongold› suchen.»
Am Hypothekar- und Immobilienmarkt bleiben die Ungleichgewichte gemäss der Lagebeurteilung der SNB denn auch bestehen. Die Nationalbank begrüsst deshalb die jüngste Revision der Selbstregulierungsrichtlinien der Banken im Bereich der Renditeliegenschaften, die im Januar 2020 in Kraft getreten sind. Demnach muss für Renditeliegenschaften die Belehnungshöhe bei maximal 75 Prozent liegen und die Hypothek muss bereits innerhalb von zehn Jahren auf zwei Drittel amortisiert werden.

Oft ohne Hypotheken finanziert
Dominik Holderegger, Leiter der Raiffeisenbank Tägerwilen, bezweifelt jedoch die Wirkung der Selbsteinschränkung der Banken für Renditeliegenschaften – genauso wie Heinz Uhlmann, Leiter der Niederlassung Frauenfeld der Thurgauer Kantonalbank. Sie orten nur eine Wirkung im kleinen Rahmen, da viele institutionelle Anleger wie Pensionskassen gar keine Hypotheken in Anspruch nehmen. Werner Fleischmann berichtet ausserdem von Beispielen im Thurgau, bei denen Privatpersonen grössere Mehrfamilienhäuser aus eigenen Mitteln finanziert haben. Als grösste Gefahr sieht Fleischmann ebenfalls die gestiegenen Preise und die leer stehenden Wohnungen.

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